Tipps zum Selber-Slammen

Dein erster Slam von A bis Z:

A wie Anmelden: Die meisten Slams bieten eine Voranmeldung, einige haben eine offene Liste. Bei letzterer ist es möglich, dass man gar nicht drankommt. Informiere dich im Vorfeld, ob man sich anmelden kann und nutze diese Möglichkeit. Prinzipiell gilt: Jede Stadt hat mindestens einen offenen Slam. Bei mehreren Slams in einer Stadt gibt es Reihen, die nur für Profis sind. Auch gibt es Ausnahmen wie „Deluxe-Specials“, „Best of“ oder Vorentscheide zu Meisterschaften (Highlander) und Meisterschaften selbst, für die man sich qualifizieren muss oder eingeladen wird. Manche Slams haben Vorlaufzeiten von zwei und mehr Monaten, also am besten immer rechtzeitig anmelden! Auf frankenslam.de findest du viele Termine der regionalen Szene. Es gibt leider keine deutschlandweite Seite mehr. Meist ist das regional auf Facebook organisiert. ACHTUNG: Ein Slam, der deine Texte vorher lesen will oder eine Vorauswahl trifft ist KEIN Slam! Bei so etwas besser gar nicht mitmachen. Ausnahmen: Themenslams oder gewerbliche Auftraggeber. Vor Ort am Abend: Unbedingt an der Kasse mit Namen melden, damit der Veranstalter weiß, dass du da bist. Eintritt zahlt man als Teilnehmer natürlich nicht.

A wie Auswendig. Ist keine Pflicht, schadet aber nicht. Gereimte Texte/Spoken Word wirken auswendig meist besser, bei Prosa stört ein Textblatt nur selten.

B wie Bühne: Don’t Panic! Das hat bisher jeder überlebt. Du bist nervös: Kein Problem! Das Publikum hat trotzdem Respekt vor dir, WEIL du dich traust, genieße es und habe Spaß! Bedenke aber: Slammen kann süchtig machen!

F wie Finaltext: Immer dabei haben! Man kann auch bei seinem ersten Slam ins Finale kommen. Passiert öfter als man denkt, auch weil man die Sympathie des Publikums, der Jury auf seiner Seite hat!

G wie Gage: Guter Witz! Die wenigsten Slams zahlen Gagen, gerade als Newcomer kann man da keine Forderungen stellen. Jedoch solltest du nur bei Poetry Slams auftreten, die Fahrtkosten erstatten. Falls du keine BahnCard50 hast: Spartickets oder Mitfahrgelegenheiten suchen (Veranstalter oder andere Teilnehmer anschreiben) Es empfehlen sich zunächst Slams in der näheren Umgebung, um sich auszuprobieren. Wenn man dann ein bisschen Erfahrung und Erfolge gesammelt hat, kann man auch herumreisen.

H wie herumreisen: Gute Slams stellen Übernachtungsmöglichkeiten, Frühstück und unbegrenzt Freigetränke (nicht übertreiben ;-)), oft auch ein Abendessen. Kleinere Slams haben dafür nicht immer das Budget. Unbedingt vorher anfragen! Bei drei bis zehn Euro Eintritt ist meist nicht die große Kohle vorhanden. Aber wie eingangs beschrieben: Fahrtkosten müssen drin sein, als Künstler sollte man nicht selbst dafür aufkommen. Durch geschicktes Touren können auch Fahrtkosten über mehrere Slams gesplittet werden. Hierbei sollte aber dann ein bisschen aufgerundet werden, damit man sich auch noch ein Mittagessen leisten kann! (Faustregel: 15 Euro pro Tag „Verpflegungsgeld“ sollte es dem Veranstalter wert sein, wenn du ihm Fahrtkosten durch geschicktes Touren sparst). Als Anfänger*in sollte man zuerst in seiner eigenen Region Erfahrungen sammeln. Veranstalter anzuschreiben, dass man nach 5 Slams jetzt herumreisen wolle, kommt meist nicht so gut, mit Glück gibt es einen freundlichen Hinweis, mit Pech einfach keine Antwort. Empfehlung: 20-30 Slams lokal, 2-3 mal gewonnen, dann darf man sich durchaus trauen, auch einmal das eigene Süppchen zu verlassen!

H wie Heavy Metal! Solltest du jemanden diesen Schlachtruf während deines Vortrags schreien hören, hast du wohl gerade einen bösen Versprecher oder einen Texthänger gehabt. Der Ruf ist als Mutmacher gedacht, soll heißen! „Heavy Metal! – Du schaffst es!“

I wie Improvisieren. Poetry Slam ist kein Freestyle Battle. Natürlich ist improvisieren oder freestylen erlaubt, 99,8% der Texte sind aber vorbereitet. Wenn du natürlich aus dem Rap-Bereich oder Improvisationstheater kommst: Trau dich das ruhig (vielleicht nicht beim ersten Mal)!

L wie Lustig oder ernst: Deine Entscheidung! Mach womit du dich wohl fühlst, was du besser kannst. Humor ist universeller, mit lustigen Texten liegt die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen etwas höher (aber kommt es darauf an?) ein ernster Text muss meist richtig gut sein, um zu überzeugen, einem lustigen verzeiht man Schwächen. Kündige NIE an, dass dein Text lustig ist, wenn keiner lacht, könnte das peinlich werden. Mitleids-Lyrik hat es meist schwer. Überlege dir, was du mit dem Text ausdrücken oder was du auf der Bühne sagen willst und erst dann, ob lustig oder ernst besser passt zum Thema passt. Manche können gar nicht ernst schreiben andere tun sich unglaublich schwer mit lustig. Finde heraus was für ein Typ du bist und steh auch dazu! Slam ist beides (und noch viel mehr).

M wie Mikrofon: Mikros beißen nicht! Also: Ran an das Ding! Mikrostativ einstellen auf richtige Höhe, schräg nach oben stehendes Mikro, damit es die Mimik nicht verdeckt. Wenn du abliest: Höhe knapp unter Mund. Ganz wichtig: Nah ran gehen! Leiser regeln geht immer, nach oben sind technische Grenzen! Faustregel: Maximal eine Daumenlänge Entfernung!

P wie Publikum: Keine Sorge, hier sitzt keine blutrünstige Meute, die dich zerfleischen will, das Publikum ist in erster Linie wohlgesonnen und gespannt. Damit das so bleibt beachte am besten: Sei auch du freundlich, stelle Augenkontakt her, lächle, begrüße es (natürlich nur wenn es zum Text passt). Entschuldige dich nicht für einen Text, zeig dass du Spaß an der Sache hast und langweile das Publikum nicht absichtlich. Sprich: Stell dich nicht mit einem Text hoch, von dem du weißt, dass er schlecht ist. Man kann sich natürlich mal vergreifen, aber das wird toleriert, nur die Absicht nicht!

S wie Schriftfarbe und -größe. Kein Witz: Drucke deinen Text immer in schwarz aus, rote Schrift bei roter Bühnenbeleuchtung ergibt null Lesbarkeit, zur Not geht dunkelblau. Größe: Als Minimum empfiehlt sich Schriftgröße 14 bei anderthalbfachen Zeilenabstand. Kursiv und Fett können helfen bestimmte Sachen richtig zu betonen

T wie Textanzahl: Richtet sich zum einen nach der Anzahl der Runden. Es können mehrere kurze Texte zu einem Beitrag zusammengefasst werden, wenn sie das Zeitlimit nicht überschreiten. Bedenke, dass sich kein Mensch mehr als fünf Sachen merken kann, solltest du Kurzlyrik machen beschränke dich auf 4 bis 5 Gedichte, auch wenn die in dreieinhalb Minuten vorbei sind und du 10 in das Zeitlimit stopfen könntest. Ideal ist ein Text von fünf Minuten Länge.

T wie Text vorher einschicken: Kein regulärer Slam verlangt das. Falls doch: Nicht hingehen. Punkt! Ausnahmen sind evtl. Themenslams (zur Überprüfung, ob es passt) und natürlich bezahlte Auftragsarbeiten.

T wie Themenvorgabe: Reguläre Slams haben keine Themenvorgabe! Natürlich gibt es Themanslams, die sind aber als solche gekennzeichnet.

Ü wie Übergriffe: Keine Sorge, die Slam-Szene ist ein anständiger, offener, bunter Haufen an Menschen, die das was sie tun, gerne tun. Aber in jedem Haufen gibt es ab und zu Idiot*innen. Sollte dir jemand Backstage oder im Umfeld eine Veranstaltung verbal oder körperlich blöd kommen, sag ihm/ihr, dass dich das stört. Bei Uneinsichtigkeit oder weiteren unangenehmen Situationen geh SOFORT zur/zum Slammaster*in/Moderator*in der Veranstaltung. Sollte die Situation ausgerechnet von dieser Person ausgelöst worden sein, sprich ebenfalls SOFORT mit den anderen Auftretenden. Wenn dich jemand zu irgendetwas überreden will, das du nicht magst und es mit „Auftrittsmöglichkeit“, „Startplatz“ oder „groß rausbringen“ zu tun hat, meide diese Veranstaltung! Im Zweifelsfall kannst du dich auch an die Slam-Alphas wenden, die haben Vetrauenspersonen und behandeln den Fall vertraulich.

U wie unter 18: Slam hat keine Altersbeschränkung, weder nach oben, noch nach unten. Beachte aber, dass die meisten Slams länger als 22 Uhr dauern. Wenn der Slam nicht von einem Träger der Jugendarbeit ausgerichtet wird, solltest du zumindest über 16 sein. Vor 24 Uhr sind eigentlich alle Slams zu Ende. Unter 16 sollte auf jeden Fall IMMER ein Erziehungsberechtigter dabei sein. Auf Tour gehen mit Übernachtung solltest du erst mit über 18.

W wie Wiederholung: Es gibt das Gerücht, man dürfe einen Text nur einmal lesen. Natürlich sollte man auf dem selben Slam einen Text nicht unbedingt wiederholen, erst recht nicht innerhalb weniger Monate. Aber man kann durchaus mit zwei Texten durchs ganze Land reisen und jeden Slam einmal abklappern. Oft werden die Texte dadurch auch reifer und besser, manchmal nutzen sie sich auch ab, weil man selbst die Lust daran verliert. Gib einem Text immer eine zweite Chance vor einem anderen Publikum

W wie Workshops: An Schulen, Universitäten und auch auf dem freien Markt werden zunehmend Poetry Slam Workshops angeboten. Natürlich kann man auch als Autodidakt auf die Bühne und über Erfahrung, Fehler machen und vermeiden lernen, sowie Beobachtung der „Konkurrenz“ viel lernen. Ein Workshop kann jedoch helfen diesen Lernprozess zu beschleunigen! Wie komme ich auf Ideen? Wie ist ein Text aufgebaut? Was kennzeichnet erfolgreiche Texte und Slammer? Was für Performance-Elemente gibt es und wie setze ich sie richtig ein? All das kann man unter professioneller Anleitung lernen! Jedoch Vorsicht: Nicht jeder Workshop ist gleich gut! Nur weil man mal einen Slam gewonnen hat, heißt das nicht, dass man auch Workshops geben kann! Wenn du einen Workshop buchst oder besuchst achte auf Referenzen oder hole diese ein. Idealerweise haben Workshopleiter mehr als 50 Slams bestritten, eine pädagogische Ausbildung (oder Ahnung davon) und/oder Fortbildungen aus Bereichen wie Theater, Rhetorik, Präsentationstechniken, Körpersprache, …

Z wie Zeitlimit: Erkundige dich vorher über das Zeitlimit. Die meisten Slams in Franken haben sieben Minuten, es gibt aber auch sechs und acht. Auf nationaler Ebene schwankt es zwischen 3 und 10 Minuten, das Zeitlimit bei den deutschsprachigen Meisterschaften beträgt fünf Minuten (letzteres ist die ideale Länge, damit kommt man fast überall hin). Tipp: Lies zu Hause laut und stoppe die Zeit, plane einen Puffer für Störungen, Lacher Zwischenapplaus ein. Die Zeit stoppt meist ab dem ersten Wort (oder dem lautlosen Beginn deiner Performance), also auch die Anmoderation ist Teil des Textes.

© Michael Jakob, http://www.michaeljakob.de

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